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  • AutorenbildJürgen Grünauer

US-Wahlkampf: Facebook lässt User Politwerbung abdrehen - Bald auch in EU?


In einem Gastbeitrag für die Tageszeitung „USA Today“ schreibt Zuckerberg, dass die Wahl 2020 „wie keine andere“ sein werde, und das sei schon „vor der Pandemie – und vor der Tötung von George Floyd“ festgestanden. Facebook könne eine Rolle spielen, den Menschen zu helfen, ihre Stimme zu erheben. Sein Ziel sei es, „vier Millionen Menschen“ zu helfen, sich zum Wählen zu registrieren. Facebook schlägt offenbar einen anderen Kurs ein als noch bei der letzten Wahl 2016. Seit der Präsidentschaftswahl, die damals Donald Trump für sich entschied, steht Facebook in der Kritik. Der „Guardian“ schreibt, dass das Soziale Netzwerk darauf hoffe, eine erneute Einmischung aus dem Ausland in den Wahlkampf zu verhindern. Facebook steht auch in der Kritik, weil man Werbung von Politikern erlaubt habe, die Falschinformationen enthält, wie die BBC schreibt.

Zuerst für US-Anwender, ab Herbst auch in anderen Ländern

Teil der Strategie sei es, den Benutzerinnen und Benutzern die Möglichkeit zu geben, politische Werbung ganz abzuschalten. „Für alle, die sich schon entschieden haben und einfach wollen, dass die Wahl vorbei ist: Wir verstehen euch. Deshalb führen wir auch die Option ein, die Einblendung politischer Werbung abzuschalten“, so Zuckerberg in der „USA Today“.

Das betrifft neben Facebook auch Instagram, das ebenfalls zum Unternehmen von Zuckerberg zählt. Sollte man trotz deaktivierter politischer Werbung noch immer entsprechende Sujets sehen, könne man diese melden, berichtete die BBC. Die Funktion werde momentan in Wellen zur Verfügung gestellt – in den kommenden Wochen sollen sämtliche US-Anwenderinnen und -Anwender die Funktion aktivieren können, voraussichtlich im Herbst dann auch in anderen Ländern.

Informationszentrum und mehr Transparenz versprochen

Kernstück des Facebook-Wahlkampfplans ist unterdessen ein eigenes Informationszentrum, das prominent platziert werden soll. Zu den angebotenen Informationen zählt unter anderem, wie man sich für die Stimmabgabe registrieren kann, sowie Einzelheiten zu Briefwahlen. Zuckerberg sagte auch, dass man zuverlässige Informationen von staatlichen und lokalen Wahlbehörden weitergeben werde. So wolle man bis zum Termin Anfang November über 160 Millionen Menschen erreichen, so Zuckerberg.

Mit einem Informationszentrum zur Wahl will Facebook Nutzerinnen und Nutzer zum Wählen animieren. Zugleich schließt das Soziale Netzwerk eine oft kritisierte Lücke bei der Auszeichnung von Wahlwerbung. Die Anzeigen sind zwar grundsätzlich mit einem Link versehen, unter dem man Informationen dazu bekommt, wer für sie bezahlt hat. Bisher verschwand dieser Hinweis aber, wenn ein Nutzer den Beitrag in seinem Profil teilte. Dadurch war nicht mehr ersichtlich, dass es sich beim Original um einen bezahlten Beitrag handelte. Jetzt wird der Hinweis auch beim Teilen bleiben.

Was Einmischung aus dem Ausland anbelangt, sagte Nick Clegg – ehemaliger britischer Vizepremier und nunmehriger Vize-PR-Chef von Facebook – dass sich 2016 „alle in gewisser Weise geirrt haben, denn damals war niemandem bewusst, auf welcher Ebene und wie raffiniert die Einmischung aus Russland sein werde“. Man setze auf das Moderatorenteam, dessen Mitarbeiterzahl sich seit der Wahl 2016 verdreifacht habe, so Clegg in einem Beitrag für den britischen „Telegraph“.

Facebook nach Trump-Meldung erneut in der Kritik

Erst Ende Mai ist neue Kritik an Facebook laut geworden. Auslöser war eine Meldung des US-Präsidenten zu den Protesten gegen Polizeigewalt, in der Trump schrieb: „Wenn Plünderungen beginnen, wird geschossen“ – „When the looting starts, the shooting starts“. Der Satz ist ein historisch behaftetes Zitat. Mit diesen Worten hatte 1967 der damalige Polizeichef von Miami ein hartes Vorgehen gegen die afroamerikanische Bevölkerung angekündigt. Auf Twitter wurde Trumps Nachricht versteckt und mit einem Warnhinweis versehen. Facebook hingegen ließ die Meldung unverändert: Zuckerberg erklärte, der Beitrag sei mit Facebooks Regeln vereinbar, auch wenn ihm persönlich solche „spaltende und aufwieglerische Rhetorik“ widerstrebe. „Aber meine Verantwortung ist es, nicht nur persönlich zu reagieren, sondern als Chef einer Institution, die sich der Redefreiheit verschrieben hat.“

Zuckerberg rechtfertigt sich erneut

In seinem „USA Today“-Artikel nahm Zuckerberg indirekt erneut Stellung: „Jeder möchte, dass Politiker für das, was sie sagen, zur Rechenschaft gezogen werden – und ich weiß, dass viele Menschen wollen, dass wir mehr moderieren und Inhalte entfernen.“ Man habe Regeln, gegen die niemand verstoßen dürfe, so Zuckerberg, doch: „Rechenschaftspflicht funktioniert nur, wenn wir sehen können, was diejenigen sagen, die um unsere Stimmen werben, auch wenn uns das, was sie sagen, innerlich nicht gefällt.“ Zuckerberg sei „überzeugt, dass Politiker am besten durch Wahlen zur Rechenschaft gezogen werden können“. Das dürfte wohl auch eine Nachricht in Richtung seines eigenen Lagers gewesen sein: Denn Zuckerbergs Entschluss, das Trump-Posting unverändert zu lassen, sorgte auch konzernintern für Kritik. Zahlreiche Mitarbeiter legten ihre Arbeit nieder – und auch der hochrangige PR-Chef Clegg wollte Zuckerbergs Entscheidung nach mehreren Fragen dazu am Mittwoch nicht direkt kommentieren, schreibt der „Guardian“.

Umfrage behandelt Umgang mit Werbung

Das Thema irreführende Werbung war auch Teil des aktuellen Digital News Report von Reuters. Darin sahen die Befragten die Sozialen Netzwerke durchaus in der Pflicht – mit regionalen Unterschieden: 58 Prozent sagten, dass Soziale Netzwerke irreführende Werbung entfernen sollen. Doch gerade in Ländern, in denen die Redefreiheit ein zentrales Thema ist,etwa wie in den USA, ist der Zuspruch geringer. Auch was den Umgang mit Aussagen von Politikern anbelangt, sind die Befragten eher zurückhaltend: Mehr als die Hälfte findet eine prominente Platzierung von Politikeraussagen wichtig, um sich eine Meinung zu bilden.


(Quelle: orf.at)

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