Bedeutet dies, das jetzt für diverse Unternehmen wieder mehr Platz und Kapazitäten für Facebook-Werbung da sind? Zahlreiche Firmen haben sich mittlerweile dem Werbeboykott im Zuge der Rassismusdebatte in den USA gegen Facebook angeschlossen. Das setzt das Soziale Netzwerk zunehmend unter Druck – immerhin bestehen die Einnahmen des Konzerns praktisch ausschließlich aus Werbeeinnahmen. Mittlerweile machte Facebook Zugeständnisse – diese gehen den Werbekunden aber offenbar nicht weit genug.
Facebooks Reaktion auf die zunehmende Kritik am Umgang des Konzerns mit Hassrede und Falschinformationen sorgt in der Werbebranche für Unmut. Laut Insidern zeigten sich Agenturen, die ihre Arbeit mit dem Unternehmen von Mark Zuckerberg eigentlich fortsetzen wollen, frustriert über die fehlende Bereitschaft zu Zugeständnissen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Stattdessen würden Facebook-Führungskräfte auf frühere Pressemitteilungen verweisen und damit nicht auf die Sorgen der Werbeagenturen reagieren, die der Meinung sind, dass die dort beschriebenen Schritte nicht weit genug gehen, um die Kritik zu entkräften.
Zahlreiche namhafte Unternehmen involviert
Dem Werbeboykott haben sich inzwischen Konzerne wie Volkswagen, Unilever, Henkel, Starbucks und Coca-Cola angeschlossen. Auch der Spielzeughersteller Lego schloss sich an, insgesamt folgten laut BBC mittlerweile 400 Firmen dem Aufruf. Sie wollen für einen Monat keine Anzeigen mehr beim weltgrößten Internetnetzwerk schalten, um den Druck auf Facebook zu erhöhen, mehr gegen die Verbreitung von Hassrede, Falschinformationen und Mobbing auf den Plattformen zu unternehmen.
Und wie der „Guardian“ berichtet: Die Liste der Unternehmen, die Facebook boykottieren, könnte noch wesentlich länger werden. Laut einer Umfrage einer internationalen Vereinigung von Werbeagenturen überlegt ein Drittel, sich einem einmonatigen Boykott im Juli gegen Facebook anzuschließen. Aufgerufen wurde dazu von der „Stop Hate for Profit“-Kampagne. Viele Firmen, die nun von Facebook abgesprungen sind, erwähnen die Kampagne der NGO Anti-Defamation League aber nicht. Das liegt wohl auch daran, dass einige Firmen – etwa Microsoft – schon vor der Kampagne ihre Werbung einstellten, wie der „Guardian“ berichtet. Andere planen, ihre Werbung nicht nur für einen Monat einzustellen, sondern stoppten ihre Einschaltungen für einen längeren Zeitraum.
Börsenkurs leidet unter Boykottaufruf
Das wirkt sich auch auf den Börsenkurs aus, wie die „Financial Times“ („FT“) schreibt: Seit Beginn des Boykotts brach der Kurs des Konzerns zwischenzeitlich um neun Prozent ein, zuletzt erholte er sich leicht. Doch der Boykott setzt Facebook unter Zugzwang. Schon vergangene Woche setzte das Soziale Netzwerk erste Schritte: Zuckerberg kündigte am Freitag in einem Livestream an, künftig stärker gegen Hassnachrichten vorzugehen, Falschmeldungen unmittelbar vor der US-Präsidentschaftswahl zu löschen sowie die Standards für Werbung zu erhöhen. „Ich stehe gegen Hass und alles, was zu Gewalt anstachelt“, sagte Zuckerberg am Firmensitz in Palo Alto, in dem er die geplanten Maßnahmen seines Unternehmens ankündigte.
Facebook setzte nächste Schritte
Diese Woche legte Facebook nach: Im Kampf gegen Falschinformationen will man als glaubwürdig eingestufte Nachrichten zu einer größeren Verbreitung verhelfen. Artikel mit Informationen aus erster Hand und Autorennamen sollten häufiger im Newsfeed der Nutzer angezeigt werden, so der Konzern heute. Die Nutzerinnen und Nutzer wollten „glaubwürdige und informative Nachrichten“ lesen.
Am Dienstag verbannte Facebook dann ein Netzwerk rechtsextremer Gruppen von seinen Seiten. Die Gruppierungen hätten die Anwendung von Gewalt propagiert, hieß es. Nach Angaben des Unternehmens wurden 220 Facebook-Konten sowie 95 Konten im zum Konzern gehörenden Bilderdienst Instagram geschlossen. Auch seien 106 Gruppen entfernt worden.
Boykott bringt auch positive PR
Hinter der Aktion der Großkonzerne steckt laut „FT“ freilich nicht nur der Glaube an die Sache. Der Boykott würde für viele Unternehmen positives Echo in den Medien erzeugen. Und: Die Finanzen vieler Firmen seien durch die Coronavirus-Krise ohnehin belastet gewesen, das hätte Einschnitte auch bei den Werbeausgaben nötig gemacht. Die Kritik an Facebooks Haltung reißt unterdessen nicht ab. „Im Zuge der ‚Black Lives Matter‘-Bewegung ist der Groll zu einem Aufruf zum Handeln geworden. Marken dürfen nicht mit einem Anzeichen von Rassismus oder Intoleranz in Verbindung gebracht werden“, schreibt die „FT“. Und auch künftig werden sich wohl weitere Unternehmen dem Aufruf, das Soziale Netzwerk zu boykottieren, anschließen.
Zuckerberg will sich mit Bürgerrechtlern treffen
Inzwischen hat sich auch Facebook-Chef Zuckerberg eingeschaltet, der sich nun mit Initiatoren des von Bürgerrechtlern ins Leben gerufenen Boykottaufrufs treffen will. Diese richten zehn Forderungen an Facebook. Unter anderem sollen Menschen, die Opfer schwerwiegender Belästigungen geworden sind, mit einem Facebook-Mitarbeiter sprechen können. Auch Entschädigungen sollen eingeführt werden.
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