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EU will Digitalregeln lockern

  • katharina661
  • vor 10 Minuten
  • 2 Min. Lesezeit

Die EU steht erneut vor einem digitalen Wendepunkt. Mit dem Ziel, Verwaltungsaufwand zu reduzieren und Innovationen zu fördern, kündigte die EU-Kommission umfassende Vereinfachungen bei Datenschutz- und KI-Regeln an. Weniger Cookie-Banner, weniger Bürokratie, mehr Wettbewerbsfähigkeit – so lautet der offizielle Tenor aus Brüssel. Doch Datenschützer, NGOs und Teile des EU-Parlaments schlagen Alarm: Hinter der „Vereinfachung“ verberge sich ein gefährlicher Rückbau zentraler Schutzmechanismen, die Europa eigentlich als globalen Vorreiter im Bereich digitaler Grundrechte positionieren sollten.

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Der Plan der EU-Kommission: „Vereinfachung statt Lockerung“

Die Kommission betont, dass es nicht um ein Aufweichen der Regeln gehe, sondern um eine Entlastung von Unternehmen. Durch vereinfachte Prozesse sollen bis 2029 rund fünf Milliarden Euro Verwaltungsaufwand eingespart werden – Unternehmen könnten gar um bis zu 150 Milliarden Euro jährlich entlastet werden. Besonders sichtbar für Nutzer:innen: Die allgegenwärtigen Cookie-Banner sollen deutlich reduziert werden. Mit einem einzigen Klick soll künftig die Zustimmung oder Ablehnung erfolgen, während Browser und Betriebssysteme diese Präferenzen dauerhaft speichern.


Auch bei der DSGVO plant Brüssel „gezielte Änderungen“ – konkret Präzisierungen, Harmonisierung und Vereinfachung. Beim AI Act soll die Umsetzung für Firmen erleichtert werden: längere Fristen, Sonderregeln für kleine Unternehmen und vereinfachter Datenzugang für das Training von KI-Modellen.


Kritik von NGOs und Datenschutzexperten

Während die Kommission von Pragmatismus spricht, sehen NGOs einen gefährlichen Paradigmenwechsel. Über 120 Organisationen – darunter Amnesty International und die Datenschutz-NGO NOYB – warnen vor einer historischen Schwächung europäischer Datenschutzrechte. Max Schrems spricht vom „größten Einschnitt in Datenschutzrechte seit Jahren“ und wirft der Kommission vor, aus politischer Panik heraus zentrale Schutzstandards aufzuweichen.


Besonders brisant: Teile des AI Acts, die nun in Frage gestellt werden, sind noch gar nicht in Kraft getreten. Kritiker fragen daher, wie ernst es der EU mit ihrem Anspruch ist, weltweit Maßstäbe für sichere und menschenzentrierte KI zu setzen.


Politischer Druck aus Europa selbst

Hinzu kommt wachsender politischer Druck aus den Mitgliedsstaaten. Bei einem deutsch-französischen Digitalgipfel forderten Deutschlands Kanzler Friedrich Merz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erst kürzlich weniger strenge Digitalregeln. Begründung: Europa müsse im globalen Wettbewerb flexibler werden.


Doch im EU-Parlament regt sich Widerstand. EU-Parlamentsvizepräsidentin Katarina Barley warnt, eine Aussetzung oder Aufweichung von KI-Vorgaben könne Bürger:innen „erhebliche Risiken“ aussetzen. Auch SPÖ und Grüne kritisieren das Reformpaket als „Aushöhlung“ zentraler digitaler Grundrechte. Unterstützung kommt hingegen aus konservativen Reihen, die die Pläne als notwendigen Schritt hin zu mehr technologischer Dynamik begrüßen.


Fazit

Die Debatte zeigt deutlich, wie stark Europa zwischen Innovationsdruck und Grundrechtsschutz hin- und hergerissen ist. Seit Jahren positioniert sich die EU als Gegenmodell zu den weitgehend unregulierten Tech-Ökosystemen in den USA und China. Doch nun scheint die Kommission bereit, zentrale digitale Schutzmechanismen zugunsten eines wirtschaftsfreundlicheren Kurses zu lockern – oder zumindest zu „vereinfachen“.


Ob diese Reform am Ende zu mehr Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit führt oder das Vertrauen der Bürger:innen in die digitale Regulierung Europas dauerhaft beschädigt, wird sich erst in den kommenden Monaten entscheiden. Denn klar ist: Die digitale Zukunft Europas braucht beides – technologischen Fortschritt und starke Rechte für diejenigen, die diese Technologien täglich nutzen.


Europa diskutiert seine digitalen Regeln – wir helfen dir dabei, deine digitale Kommunikation auf Kurs zu halten. Für Social Media, Content & Strategie stehen wir gerne bereit.


☎ +43 1 3267000



 
 
 

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